Heinrich Plett schrieb 1882 an diese historische Rundschau Ich habe kürzlich einige Briefe meines Urgroßvaters Briefe an eine mennonitische Publikation entdeckt und fand sie ein faszinierendes Fenster in eine Vergangenheit, aus der die meisten Aufzeichnungen zerstört wurden, nachdem Familien entwurzelt wurden. Damals in den USA ansässig, war die Mennonitische Rundschau ein Lebensader für getrennte Familien und Freunde auf verschiedenen Kontinenten. Die Briefe werden unten zusammen mit einer kurzen Biographie von Heinrich, Informationen über seine Nachkommen, und Fotos geteilt. Heinrich Plett und Katharina Teske. "Plett, Pfarrer und Lehrer, wurde 1907 zum Leiter der Nikolaifeldgemeinde ernannt." Zum Inhalt:
Heinrich Plett und seine Familie Heinrich Plett (1850-1934, #54349) war Lehrer, Prediger, Heiler, Landwirt, Buchhalter und Schriftsteller. Eine Quelle nennt ihn als Sagradovka-Redakteur der Mennonitischen Rundschau über viele Jahre. Wahrscheinlich leitete er Briefe von anderen weiter und steuerte neben den von ihm signierten Briefen auch anonyme Briefe aus der Siedlung Sagradovka bei. Heinrich unterrichtete 38 Jahre lang, die ersten fünf wahrscheinlich in seinem Geburtsort Molotschna, dann von 1877-1910 in Alexanderfeld, Sagradovka. Er wurde bei der 50-Jahr-Feier der Siedlung im Jahr 1922 als dienstältester Lehrer in Sagradovka ausgezeichnet. Anschließend konzentrierte er sich auf den kirchlichen Dienst und schrieb offenbar mehrere theologische Bücher. Im Jahr 1902 begann er zu predigen und schloss sich mehreren anderen ehrenamtlichen Predigern in der Mennonitengemeinde Nikolaifeld an. Im Jahr 1907 wurde er zu ihrem Leiter ernannt. Meinungsverschiedenheiten darüber, wie streng die kirchliche Disziplin sein sollte (er vertrat eine gemäßigte Ansicht), führten dazu, daß einige Familien die Kirche verließen und eine neue gründeten, aber das Gemeinschaftsleben ging friedlich weiter. Nachdem die Kommunisten die Religion verboten hatten, wurde das Kirchengebäude zu einem Getreidespeicher. Da die mennonitischen Prediger nie bezahlt worden waren, verdiente Heinrich weiterhin Einkommen von seiner Milchfarm. Als die Farm kollektiviert wurde, wohnte er noch da und wurde Buchhalter für das Kollektiv. Er war auch 21 Jahre lang der Buchhalter der Kirche. Heinrich war auch ein begabter Heiler. Er bestellte Kräuter aus der Schweiz und Österreich für seine Heilmittel. Heinrich hat einmal einen russischen Beamten geheilt, der dem Tode nahe gewesen war. Dieser Beamte der Kommunistischen Partei war so dankbar, daß er versprach, der Familie zu helfen, falls sie jemals in Not sein sollte. Diese Hilfe war für die Familie meines Vaters zweimal von entscheidender Bedeutung: zuerst, als ihnen die Feuerversicherung verweigert wurde, als ihr Haus niederbrannte, und später, als ihnen nach der Geburt der letzten Zwillinge im Jahr 1939 das Babybonusgeld verweigert wurde. Nachdem sie an den Beamten geschrieben hatten, kam das Geld an. Mein Vater, Peter Plett, war beim zweiten Mal 13 Jahre alt: „Zum ersten Mal hatten wir neue Kleider und Bettwäsche, die meine Mutter mit neuem Stoff genäht hatte. Zum ersten Mal hatte ich richtige Schuhe. Neue Schuhe! Wir hatten alle Schuhe. Wir hatten mehr als je zuvor im Kommunismus.” Heinrich hat eine lange Ehe mit Katharina Teske (1857-1918), unserer Vorfahrin, genossen (er erzählt in einem Brief unten über die Familie Teske). Ihre zehn Kinder werden im Folgenden besprochen. Viele von ihnen sind auch auf einem Foto zu sehen, das anlässlich des Todes ihres Sohnes Peter aufgenommen wurde. Nachdem Katharina 1918 starb, heiratete Heinrich Justina Friesen (1858-1927), eine Witwe von Heinrich Goertzen. Nach dem Tod von Justina heiratete Heinrich 1927 Helena Friesen (1875-), eine Witwe von Franz Wiens. Am 8. Dezember 1934, im Alter von 81 Jahren, starb Heinrich friedlich zu Hause in Nikolaifeld, Sagradowka. Foto: Die Familie von Heinrich und Katharina beim Tod ihres Sohnes Peter Plett (1885-1913). Von links nach rechts:
Dies ist eine Übersicht über die Kinder von Heinrich und Katharina und deren Nachkommen.
Briefe Ich habe die Briefe unten aus der ursprünglichen gotischen Schrift transkribiert. Heinrich war ein klarer Schreiber, und ich habe nur ein paar Absatzumbrüche für die Klarheit hinzugefügt. Eine englische Übersetzung ist verfügbar. Ich bin den Freiwilligen der Mennonite Historical Society of B.C. und anderen dankbar, die die Briefe und andere Quellen zur Verfügung gestellt haben, die weiter unten aufgeführt sind. - Irene Plett 1881: Ein starker Sturm Sagradowka, Alexanderfeld, 20. Sept. (veröffentlicht am 15 Nov. 1881 S. 2) Einen herzlichen Gruß an die werthen Leser der lieben “Rundschau”. In letztvergangenen Tagen hatten wir hier viel Schnee und Regen, von einem starken Sturme aus Nord-Ost begleitet, welches manches Stück Vieh, ja sogar Menschenopfer forderte. Die Ernte ist hier so ziemlich reichhaltig ausgefallen, aber des vielen Regens halber, den wir jetzt alle Tage haben, wird wol noch stellweise recht viel Getreide über Winter ungedroschen bleiben. H. Plett. Neujahr 1882 Alexanderfeld, Sagradowka, 6 Januar 1882 (veröffentlicht am 1 März 1882 S. 1) Der Gesundheitszustand ist hier etwas schwankend, vorzüglich leiden Viele an schlimmen Augen, auch werden hin und wieder Leute von heftigen Leibschmerzen ergriffen, welche aber bald wieder vorübergehen. Das Wetter war bis Neujahr ziemlich gelind, doch mit dem 1sten Januar haben wir des Winters Herrschaft durch steigenden Frost und etwas Schnee fühlen dürfen. Heinrich Plett 1899: Suche nach Erben Alexanderfeld, 1 Feb. 1889 (veröffentlicht am 15 März 1889 S. 5) Werte Rundschau: Weil du in so vielen Wohnungen einkehrst, so will ich dir auch etwas auf die weite Rundreise mitgeben. Die Rundschauleser sind hiermit herzlichst gebeten mir durch die Rundschau über folgende Personen Auskunft zu geben: Den 15. Juni 1881 ist Andreas Unruh, Krim, im Dorfe Karasan gestorben. Den 28. Mai 1898 ist sein Vermögen unter die Erben verteilt worden. Da es sich um Erbschaftsangelegenheiten handelt, so bitte ich mir Auskunft über folgende Personen geben zu wollen, wenn sie sich in Amerika befinden: Kinder der verstorbenen Anna Ratzlaff, geb. Unruh: Benjamin und Helena, letztere verehelicht mit Heinrich Unruh. Großkinder, d. h. Kinder des verstorbenen Heinr. Ratzlaff, Johann und Maria. Sollten diese Zeilen in die Hände der betreffenden gelangen, so bitte ich, ohne Aufschub, mir als dem Bevollmächtigten eine gerichtliche Loßschrift von den Ansprüchen auf das Vermögen des verstorbenen Andreas Unruh zuzusenden, worauf denselben ihr Treffendes, laut Teilungsakt zugesandt werden wird. Ferner: Wo ist meine Schwester [Aganetha Plett], Witwe Kor. Quiring, resp. ihre Adresse? Ich hätte Dir, liebe Schwester, manches mitzuteilen, wenn ich Deine Adresse wüßte. Meine Adresse ist: Süd-Rußland, Gouvernement Cherson, Post Beresnehowate, Alexanderfeld. Heinrich Plett. Anmerkung: Aganetha Plett (1848-1914, #47480) reiste 1876 von Russland nach Philadelphia, Pennsylvania, ließ sich dann in Mountain Lake, Minnesota, nieder. Sie hatte 13 Kinder mit Cornelius Quiring, der 1888 starb, zwei Monate bevor ihr letztes Kind, Helena, geboren wurde. Aganetha zog nach Hepburn, Saskatchewan, wo sie 1914 starb. Der in der Nachlasssache besprochene Mann, Andreas Unruh (1808-1881, #106099), wurde in Preußen geboren, starb aber auf der Krim. Im Jahr 1847 lebte er in Gnadenfeld, Molotschna, wo er die Alexanderwohl-Kirche besuchte. Seine Frau war Anna Unruh (1822- #106098). Dieser Brief liefert neue Informationen für die GRANDMA-Datenbank über ihre Tochter und Enkelkinder. 1899: Michael Pletts Erbe Sagradowka, Alexanderfeld, den 7. Oktober, 1889 (veröffentlicht am 15 Nov. 1899 S. 2) Werte Rundschau! Da du ein zuverlässiger Postbote bist und wahrscheinlich auch ein liebe Gast bei meiner Schwester [Aganetha Plett], Witwe Kor. Quiring, in Amerika, bist, so diene dir, liebe Schwester, zur Nachricht, daß unser lieber, alter Vater [Michael Plett], welcher in diesem Jahre im Monate Februar ganz gegen unsern Willen mit vier von unsern Geschwistern nach Ufa zog, dort im Monat September im hohen Alter von über 85 Jahren sanft und selig heimgegangen ist. Friede seiner Asche! Hast du denn den Brief, in welchem ich dir, liebe Schwester, manches von den Beweggründen seines Wegziehens geschrieben habe, nicht erhalten? Weil du denselben nicht beantwortet hast, kann ich annehmen, daß derselbe wohl nicht in deine Hände gelangt ist. Sollen diese Zeilen in deine Hände kommen, so eile und sende mir eine bestätigte Vollmacht, damit ich deine Person bei der Teilung der kleinen Hinterlassenschaft unsers Vaters vertreten kann. Auch sind die Kinder unserer verstorbenen Schwester Katharina Plett, verehelichte Siemens, hiermit gebeten, ihre Vollmachten an mich zu senden. Meine Adresse ist: South Russia, Gouvernement Cherson, Post Beresnehowatoe, Alexanderfeld. Heinrich Plett Anmerkung: Michael Plett (1814-1899, #47477) und Maria Ratzlaff (1830-1866, #527928) hatten sechs Kinder, Katharina, Maria, Aganetha, Heinrich, Johann und Peter Plett. 1902: 25jähriges Jubiläum Alexanderfeld, 20 Apr. ‘02 (veröffentlicht am 4 Jun. 1902 S. 4 u. 5) Lieber Freund Wiens! Wie groß ist des Allmächt’gen Güte! — Dank dieser unendlichen Güte unsers h. Vaters wird es uns am 5. Mai dieses Jahres gestattet sein, unsere Silberhochzeit, und am selbigen Tage auch mein 25jähriges Lehrer-Jubiläum (in einem Dorfe 25 Jahre als Lehrer gedient, im ganzen aber schon 30 Jahre) zu feiern. Zu diesem Doppelfeste lade ich Sie, sehr werter Freund, herzlich zu uns ein, um sich mit uns zu freuen und Gott unsern Vater gemeinschaftlich zu loben und zu preisen! Herzlich grüßend Ihr H. Plett [Antwort des Editor:] Mein herzlichster Glück- und Segenswunsch sei dem lieben Jubelpaare nachträglich gewünscht! Möge der treue Herr besonders die Männer und Frauen, die “ihr Volk lieb haben” uns noch lange erhalten! Meine Gratulation erstreckt sich jedoch nicht allein auf das Jubelpaar, sondern auf das ganze Dorf Alexanderfeld, welches es verstanden hat, seinen Lehrer 25 Jahre lang zu halten. Letzterer Umstand ist nach meiner Meinung auch wohl wert, beglückwünscht zu werden. Ein anonymer Schreiber bespricht im Folgenden die Jubiläumsfeierlichkeiten. Er scheint unbeeindruckt von den lecker klingenden Speisen, die bei lokalen Veranstaltungen üblicherweise serviert wurden. Es wurde auch duftender Kaffee serviert, aber mein Vater hat in Russland nie Kaffee getrunken. Seine erste Tasse schenkte ihm meine Mutter in den späten 1940er Jahren im historischen Café Schwarzer Bär in Jena. Ein dreifaches Jubiläum (veröffentlicht 2 Juli 1902 S. 2) Am 6. Mai d. J. feierte Lehrer Plett, Alexanderfeld, Orloffer Wolloft, den 25. Gedenktag seiner Ehe und seines Dienstes an der Alexanderfelder Schule, sowie den 30. seiner Amtsthätigkeit überhaupt. Bevor ich dem werten Leser etwas von dem schönen Feste erzähle, will ich einige Bemerkungen vorausschikken. Ein Fest hat hier, wie allerorts, zwei Seiten, eine ideale und eine — Magenseite. Letztere ist bei uns von jeher “kurz weggekommen,” würde mancher sagen: ob Trauer oder Freude die Veranlassung zu einer Ausrichtung ist, ein paar Körbe voll Zwieback, von freundlichen Nachbarinnen gebacken, ein paar Mauergrappen duftenden Kaffees, dito Fruchtmus nebst kaltem Fleischaufschnitt und damit basta nach Luk. 21, 34. [Hütet euch aber, daß eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und Saufen und mit Sorgen der Nahrung und komme dieser Tag schnell über euch. Lutherbibel ….] Item: Ein schönes Fest nenne ich das, an welchem mein Geist durch sinnreiche Vorträge jeder Art, Gesang, Musik und gute Unterhaltung angeregt wird, sich über die Schranken des Alltagslebens zu erheben. Die Einleitungsrede zu unserm Feste hielt Br. Martens. Text: Von Gottes Gnade bin ich, das ich bin, und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen (1. Kor. 15, 10). Grundgedanke: Wohin richten wir am Jubelfeste unsern Blick? Die Erläuterung desselben ergab die Tageslosung: “Blicke rückwärts, vorwärts und aufwärts.” Redner stellte sich zur Aufgabe auf Grund des angeführten Schriftwortes den ersten Teil “blicke rückwärts” auszuführen. Er zeichnete uns in knappen Zügen den jungen, kleinmütigen, leicht zagenden Anfänger im Amte, der es dazumal nimmer geglaubt hätte, daß Gott ihn noch volle 30 Jahre hindurch in seinem Weinberge beschäftigen werde. Weiter sprach er von den wunderbaren Gegenskräften, die je und je dem stillen, lieben evangelischen Schulhause entströmten, und daß auch hier unverwischliche Spuren ihres wohlthuenden Einflusses, auf die Umgebung nicht zu verkennen seien; dieses Fest liefere den besten Beweis dafür, sei aber auch zugleich ein schönes Zeugnis für die Alexanderfelder Dorfsgemeinde. Darauf wurde die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf die Gnadenführungen Gottes in dem gemeinsam zurückgelegten Lebenswege der lieben Geschwister Plett gelenkt. Diesen Führungen zu gedenken sei heute besonders dankbare Pflicht; denken und danken ist gleichbedeutend, denn wenn Gott von der Undankbarkeit seines Volkes spricht, sagt er wohl: es hat mich vergessen. Mit dankbarem Rückblick auf die Vergangenheit möge das Jubelpaar heute immerhin in Demut mit dem Apostel sagen: “Von Gottes Gnade bin ich, das ich bin, und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen.” [1 Kor. 15, 10] Die zweite Ansprache hielt Bruder Reimer. Text: Ich gehe einher in der Kraft des Herrn, ich preise deine Gerechtigkeit allein. Gott, du hast mich von Jugend auf gelehret; darum verkündige ich deine Wunder. Auch verlaß mich nicht, Gott, im Alter, wenn ich grau werde, bis ich deinen Arm [Macht] verkündige Kindeskindern. Psalm 71, 16—18. Grundgedanke: Blicke vorwärts. Redner schildert die Aufgabe des Lehrers als eine schwere, ernste, aber auch liebliche. Von Gott gelehrt möge der Lehrer unbeirrt seinen Blick in die Zukunft richten und sein Eifer für die Reichsgottessache nicht erlahmen. Dem Br. Plett ist schon geworden, was des Psalmisten Verlangen war, — er verkündigt den Arm des Herrn schon Kindeskindern. Die Ansprache kam aus einem Herzen voll herzlicher Liebe zu dem kleinen Schulvolke und Hochachtung für seine Lehrer. — Gott segne alle wahren Schulfreunde und wehre den vielen kleinen Füchsen, welche die Weinberge verderben!! Über den letzten Teil der vorgemerkten Tageslosung sprach Br. Janzen und zwar auf Grund des Apostelwortes: “Ich vergesse was dahinten ist, und strecke mich zu dem, das da vorne ist und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu.” Phil. 3, 13. 14. Redner gab eine vortreffliche Schilderung des Preislaufens in den Schranken, wie es bei den alten Römern üblich war. Gedankengang: Ein Jünger Jesu entledigt sich alles dessen, was ihm in der Nachfolge hinderlich sein könnte, führt ein enthaltsames Leben, damit sein Geist erstarke, zieht unaufhaltsam seines Weges, ohne davon abzuweichen, und den Blick unentwegt auf den Gnadenlosen gerichtet. Herrlich ist der Lohn der Treue und wohl verlohnt sich’s darum in die Schranken zu treten. Eine ganz besondere Verheißung hat der Lehrer, darum mag der Jubilar im frohen Aufblick zu Gott sein Werk vollenden. -- Der gottesdienstliche Teil des Festes schloß mit Gebet und Gemeindegesang. Nun wurden dem Jubelpaare zahlreiche Gratulationen und Geschenke dargebracht. Einen sehr vorteilhaften Eindruck auf das Publikum machten die Abgeordneten der Dorfsgemeinde. Zwei ehrwürdige Männer im grauen Haar überreichten ihrem Lehrer eine Große Wanduhr und sprachen ihm in bewegten Worten den Dank der Gemeinde aus. Der Abgeordnete der Kirchenlehrer überreichte eine große Prachtbibel und rief dem Jubilar im Namen des Kirchenkonvents ein “Vergelt’s Gott” zu. Die Abgeordneten der Lehrer verlasen eine in russ. Sprache abgesatzte Adresse, welche mit der Unterschrift sämtlicher Konferenzmitglieder versehen war, und schenkten einen Apparat zum Wäschewaschen, was der Frau des Jubilars besonders wohl gefiel. -- Während der Mahlzeiten und in den freien Zwischenstunden ergötzen sich die Gäste an den schönen Liedern und Weisen, welche der Gnadenfelder Sing-Musikverein vortrug. Auch die Alexanderfelder jungen Leute spielten einige Stücke. Diese Art von Singmusik hat das für sich, daß sie ausschließlich dem Dienste des Herrn Jesus geweiht ist. Inzwischen hielt Jubilar, Br. Plett, eine Ansprache an die Gäste, resp. Dorfsgemeinde. Er war voll Lobens und Rühmens der Gnade dessen, der es ihm habe gelingen lassen. Mit beredten Worten gedachte er auch der vielen Liebesbeweise, welche ihm im Laufe der Zeit von den Alexanderfeldern geworden und ihm die schwere Arbeit in der Schule wesentlich erleichtert hätten. Die Festfeier fand ihren Abschluß in einem Schlußwort von Br. Braun. Text: “Gedenket nicht an das Alte, und achtet nicht auf das Vorige; denn siehe, ich will ein Neues machen, jetzt soll es aufwachsen; daß ihr erfahren werdet, daß ich Weg in der Wüste mache und Wasserströme in der Einöde.” [Jes. 43, 18-19] Redner sprach von den reinen Festfreuden, von einiger Hindernissen, welche die Freude trüben können und suchte die Frage zu beantworten: Was wird der Herr dazu sagen, d. h. zu unserer Festfreude. Ein Leser. 1910: Das Teske-Erbe Friedensfeld, Sagradowka, den 5. Juli 1910 (veröffentlicht am 17 Aug. 1910 S. 12) Werter Bruder Fast! Einen herzlichen Gruß der Liebe zuvor. Bitte meinem Schreiben in der werten Rundschau ein bescheidenes Plätzchen zu gewähren. Soeben erhielt ich von unseren Geschw. Heinrich Schröder, Terek, einen Brief, in welchem er uns schreibt, daß wir dort in Amerika noch Vettern und Nichten haben, als: Jakob Schmidt, David Schmidt, und noch ein David Schmidt, der Maria Teske zur Frau hat, welche auch unsere Nichte sein soll. Ferner schreibt er uns, daß unser Onkel Benjamin Teske, der ein rechter Bruder von unserem verstorbenen Vater, Kornelius Teske, hier in Rußland war, dort in Amerika kinderlos gestorben und ein ziemliches Vermögen hinterlassen haben soll. Die Erben dort in Amerika sollen ihren Teil wohl schon erhalten haben; unseres verstorbenen Vaters Kornelius’ Teil soll aber verpachtet worden sein, bestehend aus 20 Acres Land. Man hat schon durch die Rundschau nach den rechtmäßigen Erben gesucht, was mir leider nicht in die Hände gekommen ist. Nun möchte ich euch, ihr lieben Onkel und Nichten bitten, ich weiß leider eure Adressen nicht, oder wenn euch dieses nicht in die Hände kommt, so sind andere Rundschauleser, die mit dieser Erbschafts-Angelegenheit bekannt sind, hiermit freundlichst gebeten, uns in dieser Angelegenheit einen Liebesdienst zu erweisen in Rat und Tat, wofür wir ihnen allen im Voraus den herzlichsten Dank sagen. Unser Vater Kor. Teske, der ein Bruder zu unserem verstorbenen Onkel Benjamin Teske in Amerika war, ist schon vor acht Jahren gestorben, und hat Kinder hinterlassen, die nun auf sein Erbteil ein Recht haben, Anspruch zu machen. Die Erben sind: 1. Heinrich Teske, welche beide gestorben sind, haben aber Kinder hinterlassen. 2. Johann Teske, 3. Kornelius Teske, 4. Kornelius Richert, verheiratet mit Anna Teske. 5. Heinrich Schröder, verheiratet mit Maria Teske. 6. Joh. De-Jeger, verheiratet mit Susanna Teske. 7. Heinrich Plett, verheiratet mit Kath. Teske. 8. Peter Baier, verheiratet mit Aganetha teske. Also 8 Erben hier in Rußland. Meine Adresse ist: Russia, Post Tiege, Gouv. Cherson, Pred. Heinrich Plett, Friedensfeld. Lieber Br. Plett! Ich stelle deinen Namen heute auf die Liste und erwarte daß du vielleicht monatlich einen Bericht schreiben wirst—bitte. Gruß. Editor. Anmerkung: Dieser Brief füllt wunderbar einen Teil unseres Stammbaums aus, der fehlte oder falsch war. Ich habe meine Forschungen über die Familie Teske in "Treffen Sie die Teskes" geteilt. 1922: Notruf Die Hungersnot in Russland in den frühen 1920er Jahren führte zu vielen Todesfällen und inspirierte die Gründung der internationalen Hilfsorganisation, des Mennonite Central Committee. In diesem Brief wendet sich Heinrich an seine nordamerikanischen Freunde und seine Familie und bittet um Hilfe, um zu überleben. Und er hat überlebt. Er schreibt nun aus Nikolaifeld, Sagradovka, wo er sich bis zu seinem Tod 1934 niederließ, nachdem er eine zweite Hungersnot überstanden hatte. (veröffentlicht 27. September 1922 S. 9-10) Notruf an die Mennonitische Rundschau. Zur Zeit der Flucht, als wir Haus und Hof verlassen mußten sind uns alle Papiere und auch die Adressen unserer Freunde verloren gegangen. Daher wende ich mich an die M. R., vielleicht ist es durch dieselbe möglich, Geschwister, Freunde und Bekannte aufzufinden, um vielleicht mitleidige und willige Herzen für unsere Not hier in Rußland zu finden. Ich weiß nicht, ob Du, liebe Schwester Witwe Aganetha Quiring, oder Deine Kinder noch leben. Habe Deine Photographie samt Deinen 3 Söhnen und 1 Tochter vor mir. Wie viel glücklicher seid Ihr dort, wo Ihr nicht hungern und frieren müsset, wie wir hier. Und all Ihr Freunde, Verwandte und Bekannte dort. Ich bin 38 Jahre Lehrer in der Schule gewesen, einige Jahre Stellvertreter eines Kirchenältesten, 21 Jahre Kirchenbuchführer, und nun schon 20 Jahre Arbeiter am Evangelium. Bin bald 69 Jahre alt, und mein Leben ist ein sehr schweres, vielbewegtes und ein sehr verantwortungsvolles gewesen. Und heute kann ich den Brotkorb nicht mehr langen, denn er hängt für mich alten Manne zu hoch. Wir haben in guten Verhältnissen gelebt, hatten keinen Mangel, aber unser himmlischer Lehrer Jesus Christus hielt mit uns Anschauungsunterricht nach Ps. 39, 7, wie es im letzten Satze steht. ["sie sammeln und wissen nicht, wer es kriegen wird." Lutherbibel 2017.] Wir haben 1 Pferd, 1 Kuh und 1 Jährling außer Möbel. Haben auch eine gute Wirtschaft, doch die gibt uns kein Brot und keine Kleider zum Winter. Ich hatte im Spätjahr 7 Desj. [7,6 ha] Winterweizen in Schwarzbrache gesät, aber alles total ausgefroren, kein Pud davon geerntet, habe auch kein Sommergetreide geerntet, weil keine Saat da war. Unsere Ernte bestand nur aus Hederich [Hecken-Senf], und das gibt ja nur Oel, nicht Brot noch Kleider. — So bin ich denn in meinen vorgerückten Jahren, nach so viel Jahren aufopfernden Dienstes, schließlich in einer sehr ernsten, schweren und bedrängten Lage, aus welcher, wenn nicht Hilfe von drüben kommt, ich dem — Preis gegeben bin. Nun kam mir die Gedanke, durch die Rundschau einen Notschrei an Euch, Ihr lieben Geschwister, Freunde, ja Brüder u. Schwestern ergehen zu lassen. Es kommen hier bei uns so viele Possylki (Food Draft Pakete) mit Lebensmitteln von ihren Freunden, die dann von den Glücklichen an ihr Herz gepreßt werden. Würdet Ihr Lieben, wer Ihr auch seid, es nicht möglich machen können, uns auch zu beglücken, und so vor dem Hunger zu bewahren? -- Wie ich gehört, so erhalten die Lehrer und Prediger an der Molotschna monatlich eine Possylka. Ach, Ihr Lieben dort drüben, könnte ich mich doch auch zu diesen glücklichen zählen! Ihr, die Ihr schon so viel Gutes uns Rußländern erwiesen habt, ist es nicht möglich, auch mir noch ein Rettungsseil zuzuwerfen, um wieder Kräfte zu sammeln? Wie viel leichter ließe sich dann das Netz des Evangeliums auswerfen, wenn man um den Lebensunterhalt nicht so niedergedrückt wäre. Bitte helft das Netz in dieser Beziehung auswerfen und ziehen. Es ist dort auch noch ein lieber Bruder Martin Fast, er war früher Editor der Mennonitschen Rundschau (Jetzt Reedley, Calif. —R.) Wenn er noch lebt, wird er sich meiner noch gut erinnern. Vielleicht könnte auch er etwas zur Linderung unserer Not mithelfen. Ferner habe ich dort noch einen Onkel David Pet. Schmidt, 1874 nach Amerika ausgewandert. Seine und Tantes Photographie steht auch vor mir. Und die Blicke sind so freundlich, als wollten sie sagen, ja der Herr hat uns gesegnet, und wir wollen gerne unser Brot übers Wasser schicken. Und jetzt kommt der Winter wieder, und die Kleider bald die letzten verbraucht. Habt Ihr für diese Hilfe auch eine Tür? Dann Tausend Dank im Voraus, der Herr vergelte es Euch in dieser Welt und lasse Euch beim Eintritt in die Ewigkeit den Zuruf hören: Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeist, ich bin nackend gewesen, und ihr habt mich gekleidet . . . gehet ein zu der ewigen Ruhe dort im Heimatland [Matt. 25, 34-36]. Bitte könnte man mir nicht die Mennonitische Rundschau schicken? Vielleicht wäre es möglich, bitte sehr! Prediger Heinrich M. Plett Dorf Nikoljskoje [Nikolaifeld], Post Tiege, Kreis Cherson, Gouv. Nikolajew. Anmerkung: David Peter Schmidt (1862-1941 #85937) heiratete Helena Teske (1862-1956, #85927) und hatte sieben Kinder. Sie lebten zunächst in South Dakota und später in Herbert, Saskatchewan, wo David 1941 starb. Helena starb 1956 in Abbotsford, B.C.. Helena war eine Cousine zweiten Grades von Katharina Teske, der Frau von Heinrich Plett. Aganetha Plett (1848-1914, #47480), die Witwe von Cornelius Quiring, war eine fleißige Mutter von 13 Kindern, wie oben erwähnt. Sie liebte in Mountain Lake, Minnesota und Hepburn, Saskatchewan. Martin B. Fast (1857-1949, #2615) war von 1903-1920 Herausgeber der Rundschau. Er schickte oft finanzielle Hilfe nach Russland und ermutigte andere zu Spenden. Er besuchte Russland 1908 und erneut 1919 während des Bürgerkriegs. Fasts Hilfsarbeit führte 1920 zur Gründung des Mennonitischen Zentralkomitees, dessen erster Generalsekretär er war. Er wurde Minister in Reedley, Kalifornien, und setzte seine Leidenschaft für Missionen fort. Quellen
0 Comments
Leave a Reply. |
WriterIrene Plett is a writer, poet and animal lover living in South Surrey, British Columbia, Canada. Categories
All
|